Gedenkstätte Deutscher Widerstand Biografie
Rita Neumann
Rita Neumann besucht die Volksschule in Berlin. Da sie nach Palästina emigrieren will, geht sie 1935/1936 in ein Hachschara-Lager in Hindenburg/Oberschlesien. Als sie sieht, wie krank ihre Mutter ist, bleibt sie in Deutschland, um ihre Mutter und ihren jüngeren Bruder nicht alleine zu lassen. Ab 1939 zur Zwangsarbeit herangezogen, muss sie in der C.J. Vogel Draht- und Kabelwerke A.G. in Köpenick arbeiten. Als ihre Mutter, ihr Bruder Ralph und sie selbst den Deportationsbefehl zum 17. Februar 1943 erhalten, tauchen sie unter. In der ersten Zeit kommt Rita Neumann bei Familien unter, die in „Mischehe“ leben und daher selbst gefährdet sind. Im März 1943 wird sie nach Salzwedel vermittelt, wird dort jedoch verhaftet. Sie kommt in die Gefängnisse Hannover, Uelzen und Magdeburg, wo ihr die Flucht gelingt. Sie kehrt nach Berlin zurück und erhält Hilfe von dem katholischen Kaplan Wiesinger und von Gertrud Wendland in Lichterfelde-Süd. Sie kommt mit Agnes und deren Tochter Ruth Wendland in Verbindung, und kann ab Sommer 1943 in der Pfarrwohnung der Gethsemanegemeinde in Berlin-Prenzlauer Berg untertauchen. Tagsüber findet sie Aufnahme bei Elisabeth Abegg und ihrer Schwester in Berlin-Tempelhof. Auch Ruth Wendland kümmert sich um sie. Mit Elisabeth Abeggs Hilfe erhält sie im Sommer eine „arische“ Identität als Abeggs angebliche Nichte und kann unter dem falschen Namen sogar „legal“ arbeiten. Durch die Entdeckung ihres Bruders Ralph Mitte Februar 1945 wird auch sie festgenommen. Zuerst in der Oranienburger Straße inhaftiert, wird sie in die Schulstraße überstellt und trifft dort ihren Bruder wieder. Ihnen gelingt im März 1945 gemeinsam die Flucht, indem sie sich mit einer Wäscheleine aus dem 2. Stock des Gebäudes abseilen. Sie retten sich zu Harald Poelchau, der sie für zwei Wochen aufnimmt. Von dort kommen sie zu der Journalistin Ruth Andreas-Friedrich. Von ihrem Bruder Ralph getrennt, erlebt Rita Neumann das Kriegsende in Berlin.
Literatur
- Ralph Neuman: Erinnerungen an meine Jugendjahre in Deutschland 1926 – 1946. Hrsg. von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Berlin 2005
- Ruth Andreas-Friedrich: Der Schattenmann. Tagebuchaufzeichnungen von 1938–1948. Berlin 2000
- Manfred Gailus/Clemens Vollnhals (Hrsg.): Mit Herz und Verstand – Protestantische Frauen im Widerstand gegen die NS-Rassenpolitik. Göttingen 2013
- Marte Düring: Verdeckte soziale Netzwerke im Nationalsozialismus. Die Entstehung und Arbeitsweise von Berliner Hilfsnetzwerken für verfolgte Juden. Berlin/Boston 2015