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Studien zur Geschichte der Roten Kapelle

Schon in den 1930er Jahren entstehen um den späteren Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium Arvid Harnack und den Mitarbeiter des Reichsluftfahrtministeriums Harro Schulze-Boysen Widerstandskreise, denen sich später weitere Gruppen mit mehr als einhundert Gegnern des Nationalsozialismus ganz unterschiedlicher sozialer Herkunft und weltanschaulicher Traditionen anschließen. Hieraus entwickelt sich eine der größten deutschen Widerstandsgruppen der frühen vierziger Jahre.

1940 nehmen einige Mitglieder der zunächst weitgehend voneinander unabhängigen Widerstandsgruppen um Harnack und Schulze-Boysen Verbindung miteinander und zu anderen Kreisen auf. Allmählich entsteht so ein größeres Netz von Regimegegnern. Die Methoden ihres Kampfes gegen den Nationalsozialismus sind vielfältig. Sie helfen Verfolgten, wenden sich in Flugschriften und Klebezetteln an die Öffentlichkeit und nehmen schließlich Kontakte zu Gleichgesinnten in anderen Teilen Deutschlands auf.

Anfang 1941 kommt es zu mehreren Treffen von Harnack und Schulze-Boysen mit sowjetischen Diplomaten. Durch die Verbindung mit der Sowjetunion hoffen sie, auf die Entwicklung Deutschlands in der Zeit nach dem Ende der NS-Herrschaft Einfluss zu nehmen und so die Eigenstaatlichkeit Deutschlands zu sichern. Die Bereitschaft, nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion militärisch wichtige Nachrichten über Funk nach Moskau weiterzugeben, scheitert an technischen Problemen. Im Winter 1941/42 verbreitet sie Flugschriften über nationalsozialistische Gewaltverbrechen und die militärischen Probleme an der Ostfront. Die Gestapo kann die Urheber der Schriften nicht finden.

Im Sommer 1942 wird das Netzwerk um Harnack und Schulze-Boysen aufgedeckt. Die Gestapo ermittelt unter dem Sammelnamen „Rote Kapelle“ und will es vor allem als eine Spionageorganisation der Sowjetunion beurteilt wissen. Diese Bezeichnung, die die Gruppen um Harnack und Schulze-Boysen auf Kontakte zum sowjetischen Nachrichtendienst reduziert, prägt auch noch nach 1945 das Beweggründe und Ziele verfälschende Bild in der deutschen Öffentlichkeit. Ende 1942 fällt das Reichskriegsgericht die ersten Todesurteile; insgesamt werden mehr als fünfzig Mitglieder dieser Gruppe ermordet.

Die Forschungsstelle Widerstandsgeschichte widmet sich den unterschiedlichsten Aspekten und Lebensgeschichten der "Roten Kapelle.rbeiten werden fortgesetzt.

Literatur:


  • Hans Coppi/Johannes Tuchel:
    Libertas Schulze-Boysen und die Rote Kapelle. Berlin: Gedenkstätte Deutscher Widerstand 2013, 88 S
    .
  • Johannes Tuchel:
    „Die letzten Argumente sind Strang und Fallbeil nicht.“ Ansprache am 22. Dezember 2012 in der Gedenkstätte Plötzensee zur Erinnerung an die Hinrichtungen von Angehörigen der „Roten Kapelle“ am 22. Dezember 1942, in: Die Mahnung 60 (2013), S. 1 f.
  • Johannes Tuchel:
    Stalin ließ sie im Stich. Anne Nelson arbeitet sorgfältig und lesenswert die Geschichte der Widerstandsgruppe "Rote Kapelle" auf, in DIE WELT [LITERARISCHE WELT] vom 17. Juli 2010, S. 30
  • Johannes Tuchel:
    Die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Franz Rudolf Knubel: „...zur kleinsten Schar / ...with a chosen few“, Berlin, Gedenkstätte Deutscher Widerstand, 2007, S. 13 – 22.
  • Hans Coppi/Johannes Tuchel:
    Libertas Schulze-Boysen und die Rote Kapelle. Berlin: Gedenkstätte Deutscher Widerstand 2004, 32 S.
  • Hans Coppi:
    Der tödliche Konkakt mit Moskau. Berliner Funkspiele des RSHA, in: Hans Schafranek/Johannes Tuchel (Hrsg.): Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg, Wien 2004, S. 33-55
  • Johannes Tuchel:
    Helmut Roloff im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Die Mahnung 49 (2002), Nr. 4, S. 1 f.
  • Johannes Tuchel:
    Helmut Himpel, in: Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten. Ein Lexikon. Hrsg. von Manfred Asendorf und Rolf von Bockel, Stuttgart und Weimar: J.B. Metzler-Verlag 1997, S. 271 f.
  • Johannes Tuchel:
    L'Orchestre rouge dans la résistance au national-socialisme, in: Christine Levisse-Touzé et Stefan Martens (ed.): Des allemands contre le Nazisme. Oppositions et résistances 1933- 1945, Paris: Albin Michel 1997, S. 273 - 292.
  • Hans Coppi:
    Die „Rote Kapelle" im Spannungsfeld von Widerstand und nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Der Trepper-Report vom Juni 1943. in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 3/1996, S.  431-548.
  • Johannes Tuchel:
    Zwischen kriminalistischer Recherche und brutaler Folter. Zur Geschichte der Gestapo-Sonderkommission "Rote Kapelle", in: Die Gestapo. Mythos und Realität. Hrsg. von G. Paul und K.-M. Mallmann, Darmstadt (Wiss. Buchgesellschaft) 1995, S. 373 - 387.
  • Hans Coppi:
    <diverse Sach- und Personenartikel>, in: Lexikon des Widerstandes 1933-1945. Hrsg. von P. Steinbach und J. Tuchel. München (Beck) 1994.
  • Hans Coppi:
    Rote Kapelle, in: Lexikon des deutschen Widerstandes. Hrsg. von W. Benz und W.H. Pehle, Frankfurt am Main (Fischer) 1994, S. 281 - 285.
  • Johannes Tuchel:
    Das Ende der Legenden. Die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Der 20. Juli 1944. Bewertung und Rezeption des deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime. Hrsg. von G.R. Ueberschär, Köln (Bund) 1994, S. 277 - 290.
  • Hans Coppi, Jürgen Danyel und Johannes Tuchel (Hrsg.):
    Die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Berlin (Edition Hentrich) 1994 (= Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Reihe A, Band 1), 307 S.
  • Johannes Tuchel:
    Maria Terwiel und Helmut Himpel. Christen in der Roten Kapelle, in: Hans Coppi / Jürgen Danyel / Johannes Tuchel (Hrsg.): Die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1994 (= Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Reihe A, Band 1), S. 213 - 225.
  • Hans Coppi:
    Harro Schulze-Boysen – Wege in den Widerstand, 2. Auflage Koblenz 1995.
  • Hans Coppi und Manfred Tietz:
    Briefe nach Duisburg. Harro Schulze-Boysen an die Eltern, in: Tatort Duisburg 1933-1945, Band II: Widerstand und Verfolgung im Nationalsozialismus. Hrsg. von R. Tappe u.a., Essen (Klartext) 1993, S. 556- 567.
  • Johannes Tuchel:
    Motive und Grundüberzeugungen des Widerstandes der Harnack/Schulze-Boysen-Organisation. Zum Denken und Handeln von Liane Berkowitz, in: Eva Maria Buch und die "Rote Kapelle". Erinnerungen an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Hrsg. von K. Schilde, Berlin (Overall), Neuaufl. 1993, S. 85 - 127.
  • Johannes Tuchel:
    Die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Anmerkungen zum Forschungsstand 1993, in: Ebenda., S. 142 - 151.
  • Peter Steinbach:
    Rote Kapelle - 50 Jahre danach, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 41, 1993, S. 771 - 780.
  • Hans Coppi:
    Harro Schulze-Boysen. Die Duisburger Jahre, in: Tatort Duisburg 1933 - 1945, Band II: Widerstand und Verfolgung im Nationalsozialismus. Hrsg. von R. Tappe u.a., Essen (Klartext) 1993, S. 540 - 556.
  • Hans Coppi:
    Vom Widerspruch zum Widerstand, in: Elsa Boysen: Harro Schulze-Boysen. Das Bild eines Freiheitskämpfers, Koblenz (Fölbach), Neuausg. 1992.
  • Hans Coppi und Jürgen Danyel:
    Abschied von Feindbildern. Zum Umgang mit der Geschichte der "Roten Kapelle", in: Eva Maria Buch und die "Rote Kapelle". Erinnerungen an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Hrsg. von K. Schilde, Berlin (Overall) 1992, Neuaufl. 1993, S. 63 - 92.
  • Peter Steinbach:
    Die Rote Kapelle - 50 Jahre danach, in: Freiheit und Recht 38, 1992, H. 3/4, S. 7 - 9.
  • Regina Griebel/Marlies Coburger/Heinrich Scheel: Erfasst? Das Gestapo -Album zur Roten Kapelle. Eine Foto - Dokumentation, Halle 1992.
  • Johannes Tuchel:
    „Diese Arbeit ist schon unterwegs...“ Gedenken an Arvid und Mildred Harnack am 16. Februar 1990, in: Die Mahnung 37 (1990), Nr. 3/4, S. 3 f.
  • Johannes Tuchel:
    Weltanschauliche Motivationen in der Harnack/Schulze-Boysen-Organisation („Rote Kapelle“), in: Kirchliche Zeitgeschichte 1 (1988), S. 267 - 292. Nachdruck in: Evangelisches Bildungswerk Berlin, Die Widerstandsorganisation Schulze-Boysen/ Harnack - Die „Rote Kapelle“, Dokumentation 69/90, Berlin 1990, o. S.